In Mostar
Ausnahmsweise musste ich heute etwas früher aus den Federn, denn der Zug von Sarajevo nach Mostar fährt schon morgens um sieben. Der Zug ist sehr komfortabel. Er hat Sitze, die sich in verschiedene Richtungen drehen lassen, WLAN und Steckdosen und er ist sehr schnell. Das liegt vor allem daran, dass der Zug nicht um die vielen Berge herum gurken muss, sondern ganz bequem unten drunter durch fährt. Der einzige Nachteil ist, dass man durch die vielen Tunnel nicht so viel von der schönen Landschaft sieht. Dafür besteht aber auch keine Gefahr,dass einem in den Kurwen schlecht wird. Nach langem Suchen fanden wir das kleine Apartment, dass wir gestern übers Internet gebucht hatten. Die Hausnummer 43 war einfach nicht aufzufinden. Doch Gott sei Dank ist Mostar nicht so groß und die vier herum irrenden Mädchen wurden bald vom Sohn der Vermieterin gefunden und erfolgreich zu ihrer Haustür geführt.
Allein schon für das Apartment hat es sich gelohnt, nach Mostar zu fahren. Es hat eine Terasse mit Blick über die Stadt, zwei Schlafzimmer und ein Bett für jeden!!!! Erst heute haben wir gemerkt, wie sehr wir die letzten Tage aufeinander gehockt haben. Lisas kleines WG- Zimmer ist zwar gemütlich, aber für vier Leute einfach ein bisschen klein. Außerdem ist selbst ein Ausklappsofa 100- mal bequemer als meine Isomatte.
In Mostar ist es sehr heiß und sehr voll. Zusammen mit sehr vielen amerikanischen Touristen verstopfen wir die kleinen Gässchen in der Altstadt. Lisa kauft sich einen Hut, Cassandra ein buntes Tuch.
Die Altstadt ist sehr niedlich und hat einen ganz besonderen Charme. Die 400 Jahre alte Brücke, die das Wahrzeichen von Mostar darstellt, leuchtet einem schon von Weitem entgegen.
Durch die vielen Füße, die seitdem darüber gelaufen sind, ist der Stein sehr rutschig geworden. Das Wasser unter der Brücke sieht beeindruckend türkis aus. Leider ist der Fluss nicht so sauber, wie er aussieht. Wir bereuten es auch nach kurzer Zeit, uns zum Mittagessen an den Fluss gesetzt zu haben. Es riecht doch sehr unangenehm und man bemerkt bei genauem Hinsehen im blauen Wasser auch blaue Plastiktüten.
Wenn man oben auf der Brücke steht, sieht man sehr gut, dass Mostar durch den Fluss in zwei Hälften geteilt wird. Im westlichen Teil leben Bosniaken, die traditionell muslimisch geprägt sind, auf der anderen Seite Kroaten, die eher orthodox sind. Die Brücke scheint ein schönes Symbol für die Verbindung der beiden Seiten zu sein. Wärend wir unsere Füße in den Fluss hängen lassen, lesen wir noch mal in unserem Reiseführer über die Konflikte in Mostar vor 25 Jahren nach. Lisas Mitbewohnerin Anna, die letztes Jahr ein Praktikum in Mostar gemach hat, erzählt uns, dass einige Bosniaken sich immer noch weigern, die kroatische Seite des Flusses zu betreten und anders herum.
Doch bald werden wir wieder abgelenkt. Ein wahnwitziger Typ hat gerade einen Kopfsprung von der 20 Meter hohen Brücke gemacht. Sein Kumpel sammelt unter den Touristen Geld ein.
Später am Abend sitzen wir auf der Terasse, essen Spaghetti und schauen dabei zu, wie die Sonne hinter den Bergen versinkt. Ein wirklich schöner Tag.